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Bevor überhaupt über die Validität des Menschenwürdegedankens entschieden werden kann, ist es nötig, sich mit dem Würdebegriff selbst zu beschäftigen. Beginnen wir daher mit einer begriffsanalytischen Information über seine Verwendungsweise, um auf den Vorwurf der semantischen Mehrdeutigkeit im Begriff „Würde“ und damit die Konnotationsanfälligkeit dieses strukturell mehrschichtigen Begriffs zu reagieren.[1] Geht man dabei von einer Analyse der Verwendung des Begriffs „Würde“ aus, wie er im alltäglichen Sprachgebrauch begegnet, so zeigt sich tatsächlich, dass der Begriff keine einheitliche semantische Bedeutung hat, mithin sein Gebrauch „mehrdeutig“ bzw. äquivok ist, bis auf die Eigenschaft, ein wertendes oder normatives Prädikat zu sein. Denn aufgrund der Würdezuschreibung ist eine Haltung des Respekts und der Achtung demjenigen gegenüber angemessen, dem Würde zugeschrieben wird.

Die Zuschreibung des Würdeprädikats kann grundsätzlich in zweifacher Weise erfolgen: sie kann einen kontingenten oder einen inhärenten Sinn haben. Für den kontingenten Würdebegriff lassen sich wiederum drei unterscheidbare Verwendungsweisen festhalten:

(1) Würde kann mit den ästhetischen, d. h. sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaf­ten der Gravität, Monumentalität, Kolossalität, Grandiosität und des In-Sich-Ruhens iden­tifiziert und nicht nur Menschen, sondern auch Tieren, Pflanzen und sogar unbelebten natürlichen und unnatürlichen Gegen­ständen zugeschrieben werden. Man könnte von einem ästhetischen Würdebegriff sprechen. Auf diese ästhetische Würde wird etwa dann Bezug genommen, wenn z. B. Elefanten, Mammut­bäume, Berge, Kathedralen oder Kunstwerke als würdevoll bezeichnet wer­den. Eine solche ‚ästhetische Würde’ kommt denjenigen, auf die wir sie beziehen, nicht ‚von Natur aus’ zu, sondern wird an diese von menschlichen Subjekten und ihren Empfindungen herangetragen. ‚Ästhetische Würde’ ist daher eine Qualität der sinnlichen Erfahrung, die jedoch über die rein sinnliche Erfahrung hinausgeht und mit einem Gefühl der Erhabenheit und des Respekts verbunden ist.

(2) Bei der zweiten Form kontingenter Würde geht es um die Würde von Personen, die ein angesehenes öffentliches Amt oder eine hohe Position in einer sozialen Hierarchie innehaben. Diese ‚soziale Würde’ ist etwa dann im Spiel, wenn von der Würde des Monarchen, der richterlichen Würde, der Würde des geistlichen Würdenträgers, des Dekans, des Oberbürgermeisters, des Staatspräsidenten oder von anderen ‚Würdent­rägern’ oder Inhabern herausgehobener Ämter die Rede ist. Würde in diesem Sinn ist mithin ein sozialer oder politischer Rollenbegriff, der die Anerkennung durch die Gemeinschaft voraussetzt und auf das Ansehen einer Person zielt. Sie ist konstituiert durch den Besitz einer amtlichen Funktion, eines officium, oder durch die auf Verdienst bzw. Leistung beruhende Anerkennung durch die anderen. In diesem Sinne war der römische Begriff der dignitas angesiedelt im Umfeld anderer Wertbegriffe, die das Ansehen der Person umschreiben wie auctoritas (Autorität), gratia (Anspruch auf Dank, den der Klient dem Patron und das Volk dem Staatsmann schuldet), fides (Treueverpflichtung des Mächtigen wie des Gefolgsmanns) oder honor (Ehre).[2] Im deutschen Sprachgebrauch hat sich in diesem Sinne auch die Rede von „Amt und Würde“ eingeprägt. Auch die Rede von einer distributiven Gerechtigkeit, der zufolge jemandem etwas aufgrund seiner Würde zukommt, ist hier zu verorten.[3]

(3) Die dritte Form der kontingenten Würde ist die expressive Würde. Sie wird durch das würdevolle Verhalten einer Person konstituiert, das sich darin manifestiert, entweder eine erworbene soziale oder auch die inhärente Würde tatsächlich auch zum Ausdruck zu bringen. Es gibt verschiedene Vorschläge, wie der Begriff der expressiven Würde zu verstehen ist bzw. was der Grund seiner Zuschreibung ist:

  • Ein erster Vorschlag[4] lautet, die expres­sive Würde mit der Selbstkontrolle unter psychologisch schwie­rigen Umständen in Verbindung zu bringen. Dies trifft dann zu, wenn etwa der Angeklagte in einem Gerichtsprozess das für ihn negative Urteil, der Verlierer die Niederlage oder der Hinterbliebene den Schmerz über den Tod eines geliebten Menschen „mit Würde“ trägt und nicht „ausfällig“ wird, tobt, schreit, den Richter (im Zorn) oder den Sieger (aus neidvoller Enttäuschung) beschimpft und seinen inneren (privaten) Schmerz in der Öffentlichkeit verbirgt.[5]
  • Ein anderer Vorschlag[6] lautet, die expressive Würde ergebe sich aus der Kombination von sozialer Würde und ästhetischer Würde. Man könnte dies als „repräsentative Würde“ im Sinne der majestas (mit den Konnotationen: zeremonieller Glanz und Größe, glanzvoller Stil) bezeichnen.[7] Tatsächlich wird von einem Träger der sozialen Würde auch erwartet, dass er ein seinem Stand und seiner sozialen Bedeutung gemäßes repräsentativ-ästhetisch-würdevolles Verhalten an den Tag legt. Der Bischof rennt nicht palavernd in die Kirche, sondern zieht gemessenen Schrittes, schweigend und „feierlich“ in seine Kathedrale ein. Nicht nur das wahrnehmbare Verhalten und die Gestik, sondern auch äußere Zeichen wie Gewandung und symbolhafte Insignien unterstreichen die herausgehobene soziale Rolle des Würdenträgers und sollen der sozial zugemessenen Würde einen angemessenen Ausdruck verleihen, mithin sichtbar repräsentieren.[8] Auch die Rede von einem ‚würdevollen Greis’ (als von jemandem, der die durch das Alter erworbene soziale Würde in seinem Verhalten widerspiegelt) hat hier ihren Ort.
  • Von expressiver Würde lässt sich aber auch als Kombination von sozialer Würde und dem darauf bezogenen moralischen Verhalten sprechen. Man könnte von einer Rollenverpflichtungswürde sprechen. Denn eine soziale Würde ist nicht nur ein Privileg, sondern umfasst auch eine bestimmte Verpflichtung das moralisch angemessene Verhalten anderen gegenüber betreffend. So wird vom Würdeträger – je nach sozialer Rolle – Wohlwollen, Fürsorge, Geduld, Nachsicht, aber auch Strenge etc. gegenüber den ihm Befohlenen, Unterstellten oder Anvertrauten erwartet.
  • Ein Konzept expressiver Würde liegt auch dann vor, wenn im Sinne einer Kombination von inhärenter Würde und ästhetischer Würde Wilhelm von Humboldt fordert, dass „die geistige Würde in dem Gewande sinnlicher Anmut auftritt“[9].
  • Von expressiver Würde – freilich jetzt in einem mehr selbstreferentiell-moralischen Sinn – lässt sich aber auch als Ergebnis einer Kombination aus inhärenter Würde und einem dieser Würde entsprechenden Selbstverhältnis sprechen. Um eine kontingente, wenn auch moralisch geforderte Qualität in diesem Sinne handelt es sich etwa, wenn Immanuel Kant von einer Pflicht des Menschen gegen sich selbst spricht, ein Bewusstsein seiner Person aufrechtzuerhalten (MS AA VI, 434f.). Aus dieser Pflicht zur ‚Selbstschätzung’ oder ‚Selbstachtung’ leitet Kant insbesondere das Verbot der Kriecherei ab. Missachtet man sich selbst als Person, indem man sich etwa ‚knechtisch’ verhält, verliert man zwar nicht seine Würde und die damit verbundenen Rechte, man ‚verletzt’ aber seine Würde, indem man das Bewusstsein ihrer verliert. Dieser Konzeption entspricht es, dass heute etwa süchtiges Verhalten als ‚menschenunwürdig’ charakterisiert werden kann. Dabei werden zwar keine Rechte verletzt, aber der betreffende Mensch verhält sich so, wie wenn er selbst die Rechte nicht besäße, die alle – aufgrund ihres Personseins – besitzen. Aber damit ist bereits auf die inhärente Würde verwiesen, die Voraussetzung der moralisch-expressiven Würde ist. Es zeigt sich jedenfalls bereits hier, dass aus der inhärenten Würde auch einen Verpflichtungscharakter gegenüber sich selbst und nicht nur gegenüber den anderen resultiert.
  • Ähnlich verhält es sich mit der Rede vom ‚menschenwürdigen Leben’, das jemand führt oder nicht führt, führen kann oder nicht führen kann, je nachdem, ob seine materiellen und sozialen Lebensumstände ein Leben erlauben, das in seinen Vollzügen der dem Menschen zukommenden inhärenten Würde adäquat ist oder nicht. Ein ‚menschenunwürdiges Leben’ nimmt dem Individuum nicht die ihm inhärente Würde, muss aber als Verstoß gegen die daraus ableitbaren Ansprüche, insbesondere den Anspruch auf ein angemessenes kulturelles Umfeld gedeutet werden, das freilich mithin auch kulturvariant bedingt und historischen Entwicklungen unterworfen ist. Denn die Vorstellung von den konkreten Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit man in einer bestimmten Epoche oder Zeit ein ‚menschenwürdiges’ Leben führen kann, ändert sich kontinuierlich. Sie ist abhängig von gehaltvollen Vorstellungen des gelungenen Lebens im Sinne von konkreten Vollendungsgestalten menschlichen Lebens, die – will man nicht die Natur des Menschen (in einem aristotelisch-essentialistischen Sinn) zum Maßstab nehmen – nicht anders als geschichtlich abhängig gedacht werden können. Man könnte hier von einer expressiven Würde im kultürlich-historischen Sinn sprechen.

Um die kontingente Würde von der inhärenten Menschenwürde abzugrenzen, kann man drei Gemeinsamkeiten dieser drei Formen der kontingenten Würde festhalten:

  • Die kontingente Würde ist in allen drei Formen ungleich verteilt, weil sie mit kontingenten Eigen­schaften – ästhetischen Eigenschaften, der Inhaberschaft eines Amtes, der Fähigkeit zur Selbstkontrolle und zur Ausbildung eines angemessenen kultürlich-lebensweltlichen Umfeldes usw. – zusammenhängt, die nur einige Menschen (und im Fall der ästhetischen Würde: nur einige Lebewesen und Gegenstände) in unterschiedlichem Maß besitzen. Dass die kontingente Würde nicht allen und allem, ja vielleicht sogar nur wenigen und wenigem, nur Herausgehobenem und sich dadurch von der Mehrzahl Unterscheidendem zugeschrieben wird, ist eine der konstitutiven Voraussetzungen dafür, dass sie geschätzt wird. Die kontingente Würde ist also nicht universalistisch. Nicht alle Menschen besitzen sie in gleichem Maß. Sie ist an Abstufungen, Hierarchien und konkrete Umfeldbedingungen und Fähigkeiten gebunden.
  • Bei der kontingenten Würde handelt es sich um eine transitorische Angelegenheit, insofern man sie sich im Ver­lauf des Lebens aneignen, sie aber auch wieder verlieren und wiederaneignen kann.[10] Sie kommt dem Menschen nicht einfachhin zu, wird mithin auch nicht notwendig ‚von Natur aus’ aktuiert oder ins Werk gesetzt, sondern muss erworben oder durch Leistung verdient werden.
  • Schließlich haben kontingente Würdezuschreibungen grundsätzlich einen komparativen Charakter, d. h. man kann die kontingente Würde graduell besitzen, ‚mehr oder weniger’ an ihr Anteil haben – im Vergleich etwa zu anderen ‚Würdenträgern’, die Lebensumstände oder Fähigkeiten anderer Individuen oder mit Blick auf ein gefordertes Ideal.

In Absetzung von diesen drei Gemeinsamkeiten der kontingenten Würde lässt sich jetzt auch das, was die inhärente Würde auszeichnet, näher bestimmen. Sie ist gemeint, wenn es etwa im deutschen Grundgesetz heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ oder wenn die Präambel der UNO-Menschenrechtsde­kla­ration von der „Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde“ spricht. Für diese inhärente Würde gilt, dass sie

  • allen Menschen gleicherweise inhärent ist, im gleichen Maße zukommt, mithin universell – und damit auch potentiell egalitär – ist; dass sie
  • permanent präsentisch ist, d. h. sie kann nicht erworben, verloren und wiedergewonnen werden, sie ist mithin auch nicht von Leistung, Fähigkeiten oder Lebensumständen abhängig oder an expressive, ästhetische oder soziale Bedingungen geknüpft, sondern wird unbedingt zugeschrieben; und es müsste schließlich für sie gelten, dass sie
  • ein Superlativ in dem Sinn ist, dass sie sich weder steigern noch abschwächen lässt, man sie mithin auch nicht graduell unterschiedlich besitzen kann.

Auch der Respekt, den wir bei der inhärenten Würde des Menschen für gerecht­fertigt halten, unterscheidet sich in seinem Bezug und seinem Gehalt vom Respekt gegenüber der kontingenten Würde deutlich.[11] Insoweit nämlich die kontingente Würde mit kontingenten Eigenschaften einiger Menschen identifiziert werden muss, entspricht ihr eine Form des Respekts, der nur gegenüber diesen Menschen ge­rechtfertigt ist und in der Hochschätzung dieser Menschen und ihrer Eigenschaften besteht. Wir nennen diese Form des Res­pekts daher am besten Respekt der Hochschätzung. Diese Form der Achtung kann verdient sein oder auch nicht, sie kann nur bestimmte Eigenschaften an jemandem betreffen oder sich auch – im Sinne einer Übertragung – auf den Träger dieser Eigenschaften beziehen. Als Einstellung ist sie bestenfalls wünschenswert, aber in keiner Weise und stricte dictu moralisch gefordert oder gar unbedingt.

Anders verhält es sich mit Blick auf die inhärente Menschenwürde. Ihr muss der Respekt der moralischen Rücksicht oder die Achtung im moralischen Sinne zugeordnet werden, die sich auf alle Menschen bezieht und darin besteht, bestimmte moralische Ver­pflichtungen gegenüber allen Menschen als gerechtfertigt anzu­erkennen. Der Respekt der moralischen Rücksicht braucht auch nicht verdient zu werden, seine Anerkennung ist moralisch gefordert unabhängig davon, über welche Eigenschaften der Träger der Menschenwürde verfügt. Denn die inhärente Würde wird grundsätzlich nicht zuerkannt und kann daher – aus welchem Grunde auch immer – wieder aberkannt werden, sondern sie ist vor aller Erfahrung des Individuums, seiner Leistungen und kontingenten Würdeattribute immer schon als naturwüchsig (‚von Natur aus’) gegeben unterstellt. Sie ist insofern in jeder Hinsicht präpositiv, als sie allen Menschen notwendig und unverlierbar und unverdient inhärent ist – jenseits aller Kontingenzen und Erfahrungen. Sie ist mithin auch nicht erzeugt, selbst nicht im Sinne der sozialen Zuerkennung.

 

[1] Siehe zur Kontur des Würdebegriffs auch N. Roughley 1996, P. Balzer, et al. 1999, 17-20, A. G. Wildfeuer 2001b, S. L. Darwall 1994.

[2] Historische Belege und Beispiele bei P. Kondylis 1993, 637ff.

[3] Vgl. etwa Thomas von Aquin, STh 2, 2, 93, resp.: „diversis personis diversa tribuuntur secundum proportionem ad dignitates personarum“. Siehe auch STh 1, 21, 1, resp.

[4] So bei A. Kolnai 1995, 56 und M. J. Meyer 1989.

[5] Dies ist der einzige Zusammenhang, in dem Arthur Schopenhauer die Rede von einer Würde des Menschen für sinnvoll hält. Denn trotz aller Kritik an Kants Würdebegriff ist es selbst für Schopenhauer im Sinne einer Selbstkontrolle des Verhaltens „zulässig, von einer Würde des Menschen zu reden“, wenn jener „praktische Gebrauch der Vernunft“ vorliegt, der „das eigentliche Vorrecht, welches der Mensch vor dem Tiere hat, geltend“ macht. Diese praktische Vernünftigkeit hat jedoch „mit Tugend und Laster“ nichts zu tun, sondern sie besteht im bloßen „nil admirari“, d. h. im Verzicht auf den Glauben, dass der Besitz irgendeiner Sache Glückseligkeit gewähre, und daher auch auf die Begierde, die der Glaube verursacht (Die Welt als Wille und Vorstellung [1819], A. Schopenhauer 1988, Bd. 2, 616). Würde ist daher die „Ataraxie, […] das gelassene Ertragen der Leiden“. Es „liegt Geistesgröße und Würde darin, dass man schweigend und gelassen das Unvermeidliche erträgt, in melancholischer Ruhe, sich gleich bleibend.“ (ebd., Bd. 3, 174)

[6] So A. Gewirth 1992, 11ff.

[7] In diesem Sinne verlangt etwa Cicero vom Auftreten eines Redners: „agere cum dignitate et venustate“ (De oratore 1, 142), ein Begriffspaar, das auch in Schillers Abhandlung Über Anmut und Würde von 1793 begegnet.

[8] So heißt es etwa bei Thomas von Aquin, De duobus praeceptis charitatis 2: „diversae […] dignitates diversa signa habent, nullus autem signum propriae dignitatis dimittere debet.“

[9] Über die männliche und weibliche Form [1795], W. v. Humboldt 1968, Bd. 1, 360

[10] Von diesem Ergebnis weicht jedoch die Ämterdoktrin des Mittelalters mit ihrer Lehre von der Unvergänglichkeit der sozialpolitischen Würde sowohl im geistlichen als auch im weltlichen Bereich ab. Weil die soziale dignitas in der ewigen Ordnung gründe, so die Überlegung ist sie der Zufälligkeit und Endlichkeit ihres jeweiligen Trägers enthoben. Petrus Baldus de Ubaldis (Consilia 3, 217, 3) etwa meint, die dignitas sei unvergänglich deshalb, weil sie sich nicht auf die „persona personalis“, sondern auf die „persona idealis, quae est dignitas“ beziehe. Ähnlich Damasus (Glossae apud decretales Gregori IX. 14, 10, 1, 29): „dignitas numquam perit, individua vero quotidie pereunt.“ Nach Bernhard von Parma kann die Ämter-Dignitas deswegen nicht sterben, weil die aufeinander folgenden Inhaber als eine einzige Person betrachtet werden müssen: „praedecessor et successor … pro una persona intelliguntur, quia dignitas non moritur.“ (Glossa ordinaria …, 14, 10, 1, 29). Vgl. dazu auch E. H. Kantorowicz 1994 und den entwicklungsgeschichtlichen Überblick zum Verhältnis von officium und dignitas bei P. Kondylis 1993, 651-658.

[11] Zum Begriff der Achtung bzw. des ‚respect for persons’ vgl. S. L. Darwall 1994, R. S. Downie u. E. Telfer 1969, O. H. Green 1982, H. Lauener 1981, W. K. Frankena 1985, L. Westra 1989, R. McCarty 1993, T. E. Hill 1998.

 

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