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Inhalt

Einführung: Die Europäische Union – bloß eine „Wertegemeinschaft“ ohne Bezug auf das „Christliche Abendland“?

1. Europa als Kontinent und sein Gründungsmythos

2. Europa als religiös-kultureller Referenzbegriff „ex positivo“

3. Europa als politisches Friedensprojekt „ex negativo“

3.1 Europa – die Negativerfahrungen einer historischen Schicksalsgemeinschaft

3.2 Die Europäische Union – ein auf gemeinsam vereinbarten Werten gegründetes politisches Projekt

3.3 Von der Friedens- und Wirtschafts- zur vollumfänglichen Wertegemeinschaft

3.4 Die Werteordnung der Europäischen Union und das Ethos der Europäer

4. Zusammenfassung: Europa als Europäische Union – eine Heterotopie der Menschenrechte


Einführung: Die Europäische Union – bloß eine „Wertegemeinschaft“ ohne Bezug auf das „Christliche Abendland“?

Wenn wir heute den Begriff „Europa“ gebrauchen, dann meinen wir damit primär ein politisches Projekt eines Staatenbundes von 27 Staaten, der sich „Europäische Union“ nennt. Weniger denken wir dabei an den „Europarat“, der sich als eine europäische internationale Organisation versteht, dem 46 Staaten mit 676 Millionen Bürgern angehören. Während die zentrale Zuständigkeit des Europarats der Schutz der Menschenrechte und die Völkerverständigung ist, steht bei der Europäischen Union als weitaus tiefer integrierte Organisation die konkrete wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit von Staaten im Vordergrund. An dieses politische Projekt einer Union europäischer Staaten im Sinne eines Staatenverbundes denken wir, wenn wir heute von Europa reden. Wir neigen dazu, das politische Projekt einer Europäischen Union als Realisationsform eines wie auch immer konzipierten und historisch hergeleiteten Europagedankens zu begreifen. Sie merken schon, mit Blick auf die Bestimmung der Idee Europas tut sich ein Problem auf.

Ein Problem ist auch die Bestimmung des politischen Projekts eines Europäischen Union. Denn das politische Europa-Projekt war und ist räumlich, architektonisch, politisch, rechtlich, strukturell und vertraglich immer in Bewegung. Dies gilt nicht nur für den noch offenen finalen Horizont des Projekts (als souveräner Bundesstaat oder als Staatenbund souveräner Mitgliedsstaaten), sondern auch für die Leitideen, die den durchaus mühsamen Prozess des politischen Zusammenwachsens unterschiedlicher Völker und Nationen begleitet haben und gezielt vorantreiben sollten. Solche Leitideen schlagen sich in „Narrativen“ nieder, d.h. sie bilden sinnstiftende, aus einem vorder- und einem hintergründigen Text bestehende Erzählungen:

  • Anfangs, d.h. direkt nach dem Krieg, war dies das für alle unmittelbar einsichtige Narrativ einer „Friedensgemeinschaft“.
  • Auch das Narrativ einer friedenssichernden „Wirtschafts- und Wohlstandsgemeinschaft“ hatte auf dem Hintergrund des Prosperitätsstrebens und der wirtschaftlichen Aufbruchsstimmung der Europäer in den 60er bis 80er Jahre des 20. Jahrhunderts seine nicht weiter rechtfertigungsbedürftige Plausibilität.
  • Seit dem Vertrag von Maastricht (1993)[1], mit dem der Ausbau der „Europäischen Union“ (EU) zu einer vollumfänglichen politischen und sozialen Union vorangetrieben und vertieft werden sollte, steht das Narrativ einer „Wertegemeinschaft“ im Mittelpunkt der Verträge. Mit diesem Narrativ sollte nicht nur das immer engere Zusammenrücken der europäischen Völker und Nationen motiviert werden, es sollte auch den identitätsstiftenden Kern eines zukünftigen europäischen Ethos benennen.

Ausdrücklich sind daher in Artikel 2 des Lissabon-Vertrages von 2009 „Die Werte, auf die sich die Union gründet“ und die das politische Projekt prägen sollen, festgehalten: es sind „die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“ Die EU ist in ihrem Handeln – sei es innen- oder außenpolitisch – diesem Wertefundament verpflichtet und verfolgt das Ziel, diese Werte zu fördern (so Artikel 3 des Lissabon-Vertrages).

Freilich ist die Selbstzuschreibung der Europäischen Union als einer „Wertegemeinschaft“ nicht unwidersprochen geblieben, vor allem nicht von denjenigen, die einem anderen Narrativ folgen, nämlich dem des „Christlichen Abendlandes“. Ihre Vertreter sehen im Verständnis Europas als einer Wertegemeinschaft eine Unterforderung der kulturellen Potentiale Europas. Sie nehmen mit Blick auf die „wahren“ Wurzeln Europas – Jerusalem, Athen und Rom – Anstoß an der vermeintlichen Geschichtsvergessenheit dieses Narrativs, mit dem Europa „seine Seele verliert“[2]. Und wer in dem politischen Projekt einer Europäischen Union nicht mehr als ein Zweck- und Interessensbündnis sehen will, das allein durch rechtsförmige Verträge zwischen den beteiligten Staaten zusammengehalten wird, der wird im Narrativ der „Wertegemeinschaft“ eine im Kern unsachliche, da nicht rechtsförmig zu machende Überforderung der Europäischen Union und seiner Bürger sehen und stattdessen das Narrativ einer „Rechtsgemeinschaft“, oder ganz unprosaisch, gar das einer bloßen „Zweck-„ oder „Interessensgemeinschaft“, bevorzugen. So etwa argumentiert der Bonner Staatsrechtler Joseph Isensee.

Hinter beiden Argumenten  gegen das Narrativ der „Wertegemeinschaft“, nämlich dem der geschichtlichen Unter- wie dem der politischen Überforderung, verbirgt sich der Vorwurf, dass das politische Projekt einer Europäischen Union sich von der sinnstiftenden religiös-kulturelle Idee Europas und seiner geistigen Lebensform verabschiedet habe bzw. sich diese Idee in diesem Projekt nicht widerspiegele. Die EU sei daher ein Körper ohne Seele. Die Seele aber sei die Idee des Christlichen Abendlandes, der das Narrativ einer bloßen „Wertegemeinschaft“ nie und immer gerecht werden können. Außerdem fehle dem Narrativ jede identitätsstiftende Kraft, wie sich etwa an der niedrigen Wahlbeteiligung bei Europawahlen zeige. Es brauche auch nicht zu verwundern, dass die emotionale Bindungskraft des immer noch jungen Projekts einer Europäischen Union fast naturwüchsig geringer ist als die Bindungskraft identitätsstiftender nationaler Zugehörigkeiten oder großer sinnstiftender Erzählungen wie der vom Christlichen Abendland.

Um die besondere Bedeutung, wenn nicht Unverzichtbarkeit der Rede von Europa als einer Wertegemeinschaft überhaupt verstehen und vom Narrativ des Christlichen Abendlandes angemessen abgrenzen zu können, will ich im Folgenden grundsätzlich klären, von welchem Europa wir überhaupt sprechen, wenn wir von dem Europa der Europäischen Union sprechen? Die Gründungsverträge weichen – trotz ansonsten großer Redseligkeit – einer räumlichen wie inhaltlichen Definition Europas konsequent aus. Dies verunklart das politische Projekt einer Europäischen Union nicht unerheblich und führt gegenüber der Selbstzuschreibung als einer Wertegemeinschaft zu Enttäuschungen und falschen Erwartungen gleichermaßen.

Ich will dem vorbeugen, indem ich Ihnen vor Augen führe, dass drei Begriffe von Europa streng unterschieden werden müssen:

  1. es gibt einen geographischen Begriff von Europa,
  2. einen sinnstiftenden religiös-kulturellen Referenzbegriff, der gleichsam „ex positivo“, aus positiven Bestimmungen heraus ein Idealbild von Europa zeichnet,

und 3. einen politischer Europabegriff, der aus den Erfahrungen der europäischen Unglücksgeschichte heraus einen Europabegriff gleichsam „ex negativo“ entwirft.

Die drei Europa-Begriffe sind nicht deckungsgleich – weder in ihrem räumlichen Bezug, noch in ihrer Genese und auch nicht ihrem Inhalt nach . Europa lässt sich mithin vielfältig aussagen. Nur durch Bezug auf eine Pluralität von Europabegriffen machen auch die vielfältig vorkommenden Narrative, in denen von Europa die Rede sein kann, Sinn, weil sie eben nur den Gehalt eines ganz bestimmten Europabegriffs oder einer ganz bestimmten Perspektive auf Europa erzählbar auf den Punkt bringen.

Anstößig ist diese Pluralität von Europa-Begriffen und Europa-Narrativen freilich für diejenigen, die an einem Einheitsbegriff von Europa festhalten wollen und dies durch ein Einheits- und Exklusivnarrativ zu stützen versuchen. Ein solches Einheitsnarrativ, wie es in der Rede von einem Christlichen Abendland vorliegt, geht von den Wurzeln Europas aus, idealisiert dann um der wurzelgegründeten Einheitlichkeit der Erzählung willen alle darauf beziehbaren Geschichtsverläufe, lässt alle negativen Vorkommnisse aus Acht und zieht daraus dann normative Folgerungen für die Zukunft Europas und deklariert all dies zum Identitätskern Europas und der Europäer.

Um dieser geschichtsklitternden Einheitsfalle zu entgehen, gilt es die schon genannten drei Europabegriffe streng auseinanderzuhalten und im Folgenden inhaltlich zu spezifizieren.

1. Europa als Kontinent und sein Gründungsmythos

Der Begriff „Europa“ ist zum einen eine seit der Antike begegnende geographische Bezeichnung für einen Kontinent, dessen Grenzen prekär sind, weil sie nicht durch natürliche Gegebenheiten räumlich bestimmbar sind. Diese naturale Grenzenlosigkeit macht die Notwendigkeit einer inhaltlichen Bestimmung dessen aus, was Europa ausmacht. Niemand würde ernsthaft nach dem Wesen anderer Kontinente, etwa Australiens oder Amerikas, als Differenzkriterium fragen.

Die Namensgebung Europas wie überhaupt seine ungefähre Lage verdankt sich, wie allgemein bekannt, einem antiken Gründungsmythos, von dem Homer (Ilias XIV, 231-322) und Ovid (Metamorphosen II, 833-875) berichten: Der Göttervater Zeus verliebt sich in die phönizische Königstochter Europa, die schönste und klügste Jungfrau weit und breit. Um seine argwöhnische Gattin Hera zu täuschen, verwandelt er sich in einen kraftstrotzenden, aber gleichzeitig sanftmütigen Stier, besticht durch Aussehen und Milde die Königstochter, macht sie sich vertraut, entführt sie auf die Insel Kreta und verführt sie dort. Aufgrund einer Verheißung der Liebesgöttin Aphrodite wurde der weitgehend noch fremde Erdteil nördlich des Mittelmeeres daraufhin Europa genannt. Zu einer eindeutigen Bestimmung der Grenzen Europas im Nordosten und Osten gelangte weder die Antike, noch das Mittelalter und auch nicht die Moderne.

Der Mythos ist mehr als eine bloß nüchterne Erklärung für die Namensgebung des europäischen Kontinents, sondern dient – wie alle Gründungsmythen – der Selbsterhöhung. Das zugehörige Narrativ könnte lauten: Wie der Göttervater von der Schönheit, der Anmut, Tugendhaftigkeit, mithin der inneren wie äußeren Vorzüglichkeit der Königstochter Europa angezogen wurde und daher dieser vor allen anderen Töchtern den Vorzug gab, so ist – gleichsam göttlich legitimiert – auch Europa als Kontinent allen anderen Kontinenten und Landstrichen als in jeder Hinsicht überlegen vorzuziehen.

Bereits der Mythos hätte, wie leicht zu sehen ist, das Potential gehabt, daraus eine sinnstiftenden Idee Europas zu entwickeln. Umso erstaunlicher ist es, dass dies bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, das erstmals ein Kultur- und Geschichtsbewusstsein ausgeprägt hat, nicht der Fall war.[3] Weder in der griechischen noch in der Lateinischen Literatur der Antike wird ein euphorisch-euphemistischer Gebrauch von Europa gemacht. Gleiches gilt für das christliche Mittelalter, das eher Anstoß nimmt an den moralisch problematischen, auf jeden Fall als unappetitlich empfundenen Elementen des heidnischen Europa-Mythos – Täuschung, Entführung und Verführung einer keuschen Jungfrau durch einen heidnischen Gott, der obendrein noch Ehebruch begeht. Versuche, „Europa“ durch „Jafetien“ oder „Land des Jafet“ zu ersetzen – in Anlehnung an Jafet, den Sohn des Noah, dem laut Altem Testament Gott Europa und ein Stück von Asien zuteilte und der somit zum Stammvater der „Jafeten“, der christlichen Europäer taugte – konnten sich freilich nicht durchsetzen.

2. Europa als religiös-kultureller Referenzbegriff „ex positivo“

Die Entwicklung hin zu einem emphatischen Europa-Begriff, der als religiös-kultureller Referenzbegriff tauglich ist, beschleunigte sich erst in Auseinandersetzung mit der Expansion der Osmanen, insbesondere mit dem im westlichen Christentum als tragisch wahrgenommenen Fall Konstantinopels 1453. Erst ab da wurde Europa mit dem „lateinischen“ Christentum und einem Gebiet identifiziert, das durch ein eigenes kulturelles Gepräge von anderen Regionen der Welt, vor allem von denen, in der der Islam vorherrschend war, klar zu unterscheiden ist. Erst im 15. Jahrhundert gewinnt auch die bereits von Herodot getroffene, aber in Antike und Mittelalter weitgehend irrelevante Antithese von Orient und Okzident (Hist. I, 3/4 und passim) an Gewicht und einen enormen Einfluss auf das Verständnis von „Abendland“ und Europa.

Der spätere Papst Pius II., Enea Silvio Piccolomini (1405-1464), prägte auf dem 1454 abgehaltenen Reichstag von Regensburg, der den Widerstand gegen die Expansion des Islam durch Beschwörung der Einheit der christlichen Fürsten Europas organisieren sollte, die langlebige, noch von Gorbatschow gebrauchte Metapher vom „Haus Europa“, unter dessen Dach sich eine Christliche Republik, als eine kulturell einheitlich geprägte „societas perfecta“ entwickeln sollte. Angesichts der Zerstrittenheit der Europäischen Fürsten sowie insbesondere der späteren konfessionellen Aufspaltung der europäischen Christenheit blieb diese Vorstellung von Europa als einer Christlichen Republik realpolitisch weitgehend wirkungslos. Der Grundstein für die spätere Identifikation von Europa mit dem Christlichen Abendland war jedoch gelegt.

Aber erst im Zuge der Entdeckung von Geschichte und Kultur als sinnstiftenden Erkenntnisorten in der Epoche der Aufklärung, vor allem aber in der Romantik des ausgehenden 18. Jahrhunderts, die sich durchaus als Gegenbewegung zu den Errungenschaften der Neuzeit und insbesondere der Aufklärung verstand, entwickelte sich der Europagedanke zu einer feststehenden kulturellen Referenz. Europa wurde nun zu einer sinnstiftenden, vorrangig religiös-kulturell konnotierten Idee, die durch die Benennung ihrer Komponenten nicht nur intellektuell anschluss- und diskussionsfähig, sondern als Hoffnungsbegriff eines zukünftigen Europas auch kampagnenfähig wurde. Der Focus lag dabei freilich in der Vergangenheit, die zu einem Goldenen Zeitalter verklärt wurde, das es als Urbild zukünftig wieder abzubilden gelte. Denn Bezugspunkt der Zukunftsvorstellung des 19. Jahrhunderts war die vermeintlich glücklichere Vergangenheit, die es als Zitatensystem nachzuahmen bzw. erneut aufleben zu lassen galt: künstlerisch als Neoromanik, Neogotik, Neorenaissance, Neobarock, Neoklassizismus und Neobyzantinismus, politisch als die Widergeburt des mittelalterlichen Europas, das – so die geschichtlich freilich nicht zu validierende Unterstellung – durch eine Einheit von Glauben und Vernunft, Religion und Politik wie überhaupt durch gekennzeichnet war. Der durch die archäologischen Entdeckungen J.J. Winkelmanns angestoßene Philhellenismus der Zeit folgte dem gleichen Motto: „Zurück in die Zukunft“.

Es war vor allem der romantische Dichter Novalis (Friedrich Hardenberg, 1772-1801), der die Verklärung der mittelalterlichen europäischen Christenheit zur glücklichen „Urzeit“ und als Vorbild für das zukünftige Goldene Zeitalter europäischer Einheit vorantrieb. In diesem sollten religiöse, künstlerische, politische, wissenschaftliche und moralische „ordines“ nicht mehr durch einheitssprengende Gegensätze geprägt sein. Seine Rede „Die Christenheit oder Europa“ (1799, vollständig veröffentlicht erst 1826 von Friedrich Schlegel), die von F.D.E. Schleiermachers Schrift „Über die Religion“ (ebenfalls 1799) angeregt war und eine Regeneration Europas dadurch herbeiführen wollte, dass im Menschen der Sinn für die Erkenntnis der höheren Welt erweckt werde, löste eine das ganze 19. Jahrhundert anhaltende Europa-Euphorie aus, die in der ab dann ubiquitären Rede vom „Christlichen Abendland“ ihren Referenzpunkt fand. Das neue Europa sollte auf den Grundfesten eines „poetischen Christentums“ aufsetzen, das Einheit und Freiheit zur Symbiose führt und den ewigen Frieden herstellt. Von Novalis angeregt haben dann die Brüder August W. Schlegel und Friedrich Schlegel eine Europakonzeption entworfen, die sich primär auf kulturelle Traditionen stützte. Zum „Abendland“ sind demnach alle Länder zu rechnen, die durch ihr romanisches, germanisches und christliches Erbe zu einem einzigen europäischen Kulturraum in Antinomie zu einem islamisch gedachten Orient oder Morgenland vereint waren. Besondere Bedeutung maßen sie dabei Karl dem Großen als vermeintlichem Einiger Europas und Herrn über das „Christliche Abendland“ zu. Die antireformatorische, antiaufklärerische und mit Blick auf die Ideen der Französischen Revolution auch antidemokratische Stoßrichtung von Novalis Rede sowie der Weiterentwicklung der dortigen Gedankens durch die Gebrüder Schlegel ist unverkennbar und stellt eine bleibende Belastung für den Begriff eines „Christlichen Abendlandes“ dar – von der problematischen politischen Wirkung ganz zu schweigen. Denn wer von „Christlichem Abendland“ spricht, signalisiert damit, dass er kein Freund der Neuzeit, der Aufklärung, der Moderne, der Demokratie, ja der persönlichen Gewissensfreiheit wie der politischen Freiheit überhaupt ist.

Etwas moderater als Novalis und die Gebrüder Schlegel hat der Renaissance-Historiker Ferdinand Gregorovius (1821-1891) in seiner „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“ (1872) die sinn- und identitätsstiftende Rede von den drei „Wurzeln“ Europas zum festen Bestandteil jeder Wesensbestimmung Europas gemacht: „Unbedingt europäisch ist alles, was von drei Quellen – Athen, Rom und Jerusalem – herrührt.“ Die drei Städten und ihre Hügel symbolisieren die drei Wurzeln Europas:

  • Jerusalem und Golgotha symboisieren die jüdisch-christlichen Religion
  • Athen und die Akropolis die griechische Rationalität bzw. den Geist der Philosophie und der Wissenschaft wie der Demokratie als rationalem Austragungsort von Konflikten
  • Rom mit dem Kapitol stehen für die Institution des Rechts und der rechtsförmigen Gestaltung des Staates.

3. Europa als politisches Friedensprojekt „ex negativo“

Bereits Europa als religiös-kultureller Referenzbegriff ist zweifelsohne mit einer Vielzahl von positiven Wertvorstellungen aufgeladen: sie kommen aus dem Umfeld der jüdisch-christlichen Religion und seines auf Nächstenliebe und Barmherzigkeit hin ausgerichteten Ethos; ferner ebenso aus der abendländischen Philosophie mit ihrer rationalen Deutung der Welt; sie ergeben sich aber auch aus dem (römischen) Recht als einer unverzichtbaren Organisationsvoraussetzung eines funktionierenden und auf zumindest legale Gerechtigkeit hin angelegten politischen Gemeinwesens. Nichts spräche dagegen, auch noch die Werte der Aufklärung oder die der erfolgreichen technisch-wissenschaftlichen Errungenschaften dem historischen Referenzbegriff Europas als einer sinnstiftenden Idee hinzuzurechnen. Denn sie alle haben sich zweifelsohne im historischen Raum des Europäischen Kontinents entwickelt, sind also tatsächlich typisch europäisch zu nennen. Sie könnten – dem Ideal nach – in ihrem Zusammenwirken eine friedensstiftende, disziplinierende, kultivierende, zivilisierende und moralisierende Funktion haben bzw. sich wechselseitig in einer gedeihlichen Weise korrigieren. Es drängt sich daher die Frage auf: Müsste das friedliche Zusammenleben der Völker und Nationen Europas nicht auch schon mithilfe dieser historisch gewachsenen Werte erfolgreich zu gestalten sein, so dass es der Neubegründung Europas als einer „Wertegemeinschaft“, wie sie die europäischen Verträge vorsehen, gar nicht mehr bedürfte? Und würde nicht schon das „kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas“, aus dem die Union – wie es in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000) heißt – „schöpft“, ausreichen, das Zusammenleben im Projekt einer Europäischen Union zureichend zu orientieren und hinlänglich friedfertig und prosperierend zu gestalten? Wäre dafür ein solcher Europabegriff gleichsam „ex positivo“ hinreichend, dann wäre die Kritik an der historischen Unterforderung des Europagedanks der Europäischen Union durchaus nachvollziehbar.

3.1 Europa – die Negativerfahrungen einer historischen Schicksalsgemeinschaft

In diesem Zusammenhang gilt es freilich zu bedenken, dass alle Herkunftsnarrative fast naturwüchsig dazu tendieren, nur die positiven Aspekte zum Teil der Erzählung zu machen. Alles Negative dagegen wird ausgeschieden. Nicht selten wird dieses Vorgehen mit dem Argument gerechtfertigt, die negativen Effekte seien bloß eine fehlgeleitete, durch unglückliche Zeitumstände bedingte und daher indäquate Realisationsform des „wahren“ Ideals. Unter günstigeren Umständen stehe einer Realisierung des Ideals prinzipiell nichts im Wege. Wir kennen dieses Argument, etwa dann, als es galt, den evident gescheiterten Sozialismus doch noch irgendwie zu retten. Es wird aber auch gerne von Denkern in Anspruch genommen, die im politische Projekt Europa die Chance für eine adequate Realisierung der Idee des Christlichen Abendlandes sehen wollen.

Doch hier ist Vorsicht geboten: das Narrativ vom „Christlichen Abendland“, in dessen Raum sich immerhin Aufklärung und Menschenrechte entwickeln konnten, ist ein die geschichtliche Wirklichkeit und die mögliche Zukunft eher verklärendes Konstrukt. Denn wendet man sich nicht nur den ideal-, sondern vorrangig den realhistorischen, die Geschichte Europas ebenso prägenden  Gegebenheiten zuwendet, dann wird man schnell ernüchtet sein. Das Christliche Abendland mit seinen drei Wurzeln in Jerusalem, Athen und Rom haben nämlich zu keinem Ethos geführt, das stark genug war, um zu verhindern, dass die Realgeschichte Europas eine Geschichte der beständigen Kriege, von Religionskriegen zumal, von grausamen, ja hemmungslosen Auseinandersetzungen zwischen den Völkern, Religionen und Konfessionen bis ins 20. Jahrhundert hinein war. Die friedensstiftende Bindekraft der Werte weder der Religion, noch der Philosophie, noch des Rechts, noch der Aufklärung und auch nicht von Wissenschaft und Technik standen offensichtlich der Verwüstung des europäischen Kontinents wirksam im Wege. Sie haben die Völker und Menschen Europas nicht davor bewahrt, zum Opfer verheerender Religionskriege, religiösen Wahns, grausamster Barbareien, eklatantester Ungerechtigkeiten oder in die Katastrophe führender Ideologien zu werden. Selbst Wissenschaft und Technik wurden zur organisierten Vernichtung der Menschen und ihrer Lebensgrundlagen missbraucht. Dies alles passierte zwar nicht ausschließlich wegen, aber doch – so der geschichtliche Erkenntnisertrag – trotz der Präsenz der jüdisch-christlichen Religion, trotz dem permanenten Ringen um wissenschaftlichen Wissens, trotz der Rechtsförmigkeit der politischen Verhältnisse, trotz des in der Spätscholastik entwickelten Völkerrechts, trotz der Aufklärung und ihrer Humanitätsideale, und trotz aller wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften.

Ein Europa als politischen Projekt wird, so die Einsicht, nicht erfolgreich sein, wenn es sich gleichsam „ex positivo“ aus Idealvorstellungen des Europäischen stützt. Europa als politisches Projekt muss vielmehr auf einem neuen Fundament als Grundlage aufbauen. Es bedarf einer „Neugründung Europas“ – und dies gleichsam „ex negativo“, aus der Negativerfahrung der vielen Katastrophen Europas und der Einsicht heraus, dass das gewachsene Ethos Europas nicht ausgereicht hat, diese nachhaltig zu verhindern. Dies heißt nicht, die Ideale und kulturellen Errungenschaften Europas zu vergessen oder aufzugeben, sondern deren realpolitischen Wirksamkeitsraum durch ein vertraglich vereinbartes instituionalisiertes Ethos so einzuhegen, dass mögliche negative Effekte des Ideals vermieden werden können. Das ist auch der Kern der sog. Let-Europe-Arise-Rede von Winston Churchill an der Universität Zürich am 19. September 1946. Auf dem Hintergrund der „Tragödie Europas“ warnt er davor, erneut in „das finstere Mittelalter mit seiner Grausamkeit und seinem Elend“ zurückzufallen. Er plädierte für „eine Art von vereinigten Staaten von Europa“, für eine „Neuschöpfung der europäischen Völkerfamilie, oder doch soviel davon, wie möglich ist, indem wir ihr eine Struktur geben, in welcher sie in Frieden, in Sicherheit und in Freiheit bestehen kann“ (Hervorh.). Denn, so Churchill, die gemeinsame Geschichte des Kontinents sowie das einigende Band des christlichen Glaubens und der christlichen Ethik prädestinierten geradezu zu einer Zusammenarbeit der Europäischen Staaten.

Churchill negiert mit diesem Programm nicht einfach ein Verständnis von Europa als einer sinnstiftenden kulturellen Referenz, sondern hegt dieses in seinen möglichen und historisch evident gewordenen negativen Auswirkungen mithilfe des politischen Begriff von Europa als einer strukturierten, vertraglich sowie institutionell abgesicherten und am Ethos der Menschenrechte maßnehmenden Vereinigung der Völker Europas wirksam ein. Europa muss als historisch gewachsene Schicksalsgemeinschaft seiner Völker und Menschen begriffen werden, die nur dann eine Zukunft hat, wenn sie aus ihrer Unglücksgeschichte lernt.

Neu ist das von Chruchill vorgetragene Verständnis Europas als eines realpolitischen Projekts „ex negativo“ übrigens nicht. Tatsächlich ist der politische Europabegriff historisch viel älter als der recht späte „romantische“ Europabegriff eines „Christlichen Abendlandes“ á la Novalis.

Politische Europakonzeptionen ex negativo, d.h. in Abwehr gegen etwas, das als politisches Unglück gesehen wird, tauchen mit dem Fokus einer Vereinigung der europäischen Völker bereits seit dem 14. Jahrhundert auf:

  • So wird ein politischer Europabegriff schon von Dante Aligheri und Pierre Dubois gegen den alleinigen Herrschaftsanspruch des Papstes oder den eines Universalmonarchen über die Völker Europas in Stellung gebracht.
  • im Jahrhundert gegen die Bedrohung durch die Osmanen (so bei Aenea Silvio Piccolomini, Georg von Podiebrad),
  • im Jahrhundert wird mit der politischen Idee Europas der leidenschaftliche Appell für den Frieden angesichts der Greuel des Krieges in Verbindung gebracht (so etwa von Erasmus von Rotterdam),
  • im Jahrhundert wird mit dem Europa-Projekt ein großer Vereinigungs- und Friedensplan angesichts der Religionskriege in Stellung gebracht (so von Maximilien de Béthune, Gottfried Wilhelm Leibniz, William Penn),
  • im Jahrhundert wird Europa als Beitrag zum „ewigen Frieden“ gesehen (so bei J.-J. Rousseau, Jakob Heinrich v. Lilienfeld, Immanuel Kant und Christian Martin Wieland)
  • und im 19. Jahrhundert wird der politische Europagedanke als konkreter werdende Idee eines europäischen Staatenbundes zur Überwindung der nationalen Gegensätze interpretiert (so von J.G. Fichte, Ernst Moritz Arndt, Karl Christian Friedrich Krause), und etwa in Analogie zu Amerika die Idee der „Vereinigten Staaten von Europa“ ins Spiel gebracht (etwa bei Victor Hugo), die an der Idee einer „Heiligen Allianz“ (so u.a. Joseph Görres) oder an der Idee der Verbrüderung der Völker (so Giuseppe Mazzini) Maß nehmen müsse.

Es ist fast tragisch zu nennen, dass im 19. Jahrhundert diese Ansätze einer politischen Europavorstellung einerseits durch die euphorisch-romantische Vorstellung Europas als einer sinnstiftenden religiös-kulturellen Idee á la Novalis, andererseits durch das aufkommende nationalstaatliche Pathos verdrängt worden ist. Schließlich geriet selbst die Idee Europas als einer kulturellen Sinneinheit zunehmend in Konkurrenz mit dem zur gleichen Zeit aufkommenden Gedanken der Nation. Denn die europäischen Nationalstaaten begannen, sich ebenfalls als sinnstiftende Kultureinheit eigenen Typs zu betrachten, deren Vorzugswürdigkeit vor allen transnationalen Projekten mit Nachdruck betont wurde, was dem politischen Projekt einer Einigung Europas seine Attraktivität nahm.

Es bedurfte der unmittelbar evidenten Barbareien zweier Weltkriege, um das politische Projekt eines vereinten Europa wieder in den Blick geraten zu lassen. Unter dem Eindruck der Schrecken des Ersten Weltkrieges wurde 1922 von Coudenhove-Kalergi die Paneuropa-Union als föderalitische Bewegung gegründet, die als konservative Kraft unter den europafreundlichen Bewegungen stark an der Idee Europas als einer sinnstiftender Idee orientiert war, gleichzeitig aber auch die Nationalstaaten als sinnstiftende kulturelle Größen stärken wollte. Die damit gegebene Konkurrenz zweier Sinnkonstrukte lässt sich freilich nur schwer in konkretes politisches Handeln umsetzen, bestenfalls im unverbindlichen Gedanken einer europäischen Völkerfreundschaft. Diese ist zweifelsohne ein hoher Wert, aber er lässt sich nur schwer in konkretes politisches Handeln umsetzen. Als 1918 und 1922 die beiden Bände des kulturphilosophischen Hauptwerkes von Oswald Spengler unter dem Titel „Der Untergang des Abendlandes“ erschienen, war den meisten klar, dass auch das politische Europaprojekt keine Chance mehr hatte und nur mehr die Nationalstaaten als sinnstiftendes Projekt gelten konnten.

Erst nach dem zweiten Weltkrieg, der wesentlich von Ideologien und Nationalismen verursacht war, der Europa mit seinen Barbareien in jeder Hinsicht verwüstet hat sowie nicht nur den Gedanken der Kulturnation wie den der religiös-kulturellen Einheit Europas ob seiner Wirkungslosigkeit in Verruf gebracht hat, ließen das in seiner Evidenz nicht zu bezweifelnde realpolitische Projekt einer Einheit Europa wieder urgent werden.

3.2 Die Europäische Union – ein auf gemeinsam vereinbarten Werten gegründetes politisches Projekt

Doch auf was muss ein solches Projekt gegründet sein, damit es die angezielte Wirkung entfalten kann, nämlich tatsächlich einen „Raum des Friedens, der Sicherheit und der Freiheit“ zu schaffen? Der Rückgriff auf eine idealisierte Geschichte und die sie tragenden religiös-kulturellen Werte – also eine Gründung Europas „ex positivo“ – wird dies alleine nicht bewirken können.

  • Auch alle vermeintlich historischen Realisationsformen einer „societas perfecta“, wie sie die Romantik im Christlichen Mittelalter sah, haben sich als politisch untaugliche, weil schwärmerische „Retrotopien“ (Zygmundt Bauman) erwiesen. Unter endlichen Bedingungen, zumal unter Bedingungen der conditio humana, d.h. von Menschen und Völkern, die – wie I. Kant sagt – immer „aus krummen Holz geschnitzt“ und durch „ungeselllige Geselligkeit“ gebeutelt sind, wird es nie gelingen, die national und international pluralen, noch dazu in sich selbst fragilen, aber gerade deswegen miteinander konkurrierenden religiösen, intellektuellen, politischen, sozialen, wissenschaftlichen und kulturellen Ordnungssysteme, auf eine gemeinsame Wahrheit und gemeinsame Zielsetzungen hin zu orientieren. Dies gilt für die Beziehung von Menschen, selbst wenn es Liebesbeziehungen sein sollten, ebenso wie für die Beziehungen zwischen Staaten und Völkern, mögen sie sich noch so sehr in Freundschaftsbekundungen ergehen. Die Herstellung dieser Einheit würde ein modernes politisches Gemeinwesen, das einerseits Freiheit und Pluralität garantieren, andererseits friedliche Kooperation fördern soll, mit Sicherheit überfordern.
  • Genauso würde das staatsnegative Konzept von Europa als eines bloß mechanistischen Verstandes- bzw. Notstaates, der – so die ebenfalls in der Romantik wurzelnde Idee etwa des Marxismus – als societas defecta durch die sich vollendende Sittlichkeit der Menschen überwunden werden soll, ein staatsförmiges Europa in seinen Aufgaben unterfordern. Ganz abgesehen davon, dass ein solches Konzept aufgrund seiner viel zu optimistischen Anthropologie und der ausgeblendeten Wankelmütigkeit moralischer Orientierungen auf ein sehr unsicheres Fundament gebaut wäre. Es wäre geradezu fahrlässig, den Frieden Europas vom moralischen Status seiner Bürger abhängig zu machen.
  • Beide Vorstellungen, die der „societas perfecta“ wie die der „societas defecta“, sind realitätsfern und untauglich als Blaupause für das ansatzweise staatsförmige politische Projekt einer Europäischen Staatenvereinigung. Dieses muss sich – und dies gilt analog für die Gründung eines jeden modernen freiheitlich-demokratischen Rechts- und Verfassungsstaates, der zudem auch Sozialstaat sein will – als „societas incompleta et imperfecta“ verstehen, als unvollkommenes, aber auf Freiheit gebautes und dem Menschenrechtsethos verpflichtetes Gemeinwesen begreifen, das ganz unabhängig von den singulären kulturellen Besonderheiten von der gleichen Würde und dem gleichen Freiheitsanspruch aller, im Fall Europas, aller europäischen Völker und Nationen sowie seiner Bürger ausgeht. Freiheit und Souveränität sind freilich ein Risiko, das sich nur durch die von allen anerkannte Geltung eines gemeinsam durch Verträge vereinbarten und an gemeinsamen Werten orientierten Rechts beherrschen lässt.

Die hier nur knapp skizzierte Situation, in der Europa nach dem zweiten Weltkrieg stand und die zur Gründung einer Europäischen Union geführt hat, ist als historische Entsprechung dem Gedankenexperiment der Gesellschaftsvertragstheorien des 17. und 18. Jahrhunderts (Th. Hobbes, J. Locke, I. Kant, J.G. Fichte, G.W.F. Hegel) nachgezeichnet, das im Ausgang von der Unerträglichkeit eines Naturzustandes die Genese der politischen Institution und der eigentümlichen Macht des Staates rekonstruiert und rechtfertigt. Wie jedes politische Projekt, das divergierende Interessen und historisch divergente Kulturen zusammenführen muss, ist auch die Europäische Union an gemeinsam vereinbarten Zielen orientiert, die als „Werte“ den Fortgang des Projekts vorantreiben und als Werteordnung konturieren. Werte sind im Fall staatlicher Gebilde normalerweise in Verfassungen festgehalten. Dies gilt indirekt auch für die Europäische Union. Denn auch wenn alle Versuche, dem politischen Projekt einer Europäischen Union eine Verfassung zu geben, aus diversen Gründen gescheitert sind, so sind doch die Inhalte des Verfassungsentwurfs ohne Substanzverlust in den Vertrag von Lissabon (2009) eingegangen und haben darüber ihre Geltung erlangt.

3.3 Von der Friedens- und Wirtschafts- zur vollumfänglichen Wertegemeinschaft

Das Werte-Narrativ begleitet die Geschichte der Europäischen Staatengemeinschaft von Anfang an. Obgleich die von Churchill in seiner berühmten Let-Europe-Arise-Rede formulierten Zielwerte dieser neuen Staatenvereinigung – Friede, Sicherheit und Freiheit – weit über eine bloß wirtschaftliche Zielsetzung hinausgingen, so setzten die konkreten Schritte dieser Gemeinschaft vorerst doch nur wirtschaftlich an, was durchaus als eine „List der Vernunft“ begriffen werden könnte. Erst im Kopenhagener Dokument zur europäischen Identität aus dem Jahre 1973 wird die Werterhetorik verstärkt. Diese Identität baut sich auf a) aus dem gemeinsamen Erbe, b) den gemeinsamen Interessen, und c) den Verantwortlichkeiten gegenüber der übrigen Welt unter Berücksichtigung des „dynamischen Charakters des europäischen Einigungswerks“. In diesem Zusammenhang heißt es: „In dem Wunsch, die Geltung der rechtlichen, politischen und geistigen Werte zu sichern, zu denen sie sich bekennen, in dem Bemühen, die reiche Vielfalt ihrer nationalen Kulturen zu erhalten, im Bewusstsein einer gemeinsamen Lebensauffassung, die eine Gesellschaftsordnung anstrebt, die dem Menschen dient, wollen sie die Grundsätze der repräsentativen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der sozialen Gerechtigkeit, die das Ziel des wirtschaftlichen Fortschritts ist, sowie der Achtung der Menschenrechte als die Grundelemente der europäischen Identität wahren.“

Dem Wert der Demokratie wurde mit den ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament 1979 entsprochen, wenngleich die Debatten um die demokratische Legitimierung der EU weitergehen. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1987 wurde dann die schrittweise Vollendung des Binnenmarktes an konkreten innereuropäischen Freiheiten orientiert (freier Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr). Mit dem Vertrag von Maastricht (1993) wurde nicht nur der Binnenmarkt vollendet, sondern es kamen auch zahlreiche neue Politikfelder hinzu (Umwelt, Gesundheit, Außenbeziehungen, Sicherheit, Justiz, Migration, gemeinsame Währung, Beschäftigung und Soziales, Energie, Kultur und Bildung, Wissenschaft und Technologie, Verkehr und reisen, Entwicklung und Humanitäre Hilfe etc.). Die Hinwendung zu diesen Politikfeldern sollte aus einer wirtschaftlichen eine vollumfängliche politische und soziale Union mit entsprechenden Zielsetzungen und Wertorientierungen machen.

Erstmalig in der Präambel der Europäischen Grundrechtscharta, die vom Europäischen Rat im Dezember 2000 feierlich proklamiert, aber erst mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Dezember 2009 rechtsverbindlich wurde, sprach man von der Grundlage „gemeinsamer Werte“. In dieser Grundrechtscharta, die orientierte war an der Europäischen Menschenrechtskonvention (1950/1953) und der Europäischen Sozialcharta (1961/1965) des Europarates, den mitgliedstaatlichen Verfassungen und internationalen Menschenrechtsdokumenten und der Rechtsprechung der europäischen Gerichtshöfe, heißt es:

„Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden. In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet. Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei. Sie ist bestrebt, eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu fördern und stellt den freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit sicher. Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der Grundrechte zu stärken, indem sie in einer Charta sichtbarer gemacht werden.“

Im Lissabon-Vertrag von 2009 wird dieser Weg konsequent weiter beschritten. Die Europäische Union wird in dem bereits eingangs zitierten Artikel 2 als Verband beschrieben, für dessen Handeln seine Werte maßgeblich und verbindlich. Sie sollen identitätsstiftend sein und das zukünftige Ethos der Europäer prägen. Freilich bleiben Fragen: Wie ergeben die Vielzahl der in den Dokumenten deklarierten Werte eine einheitliche Werteordnung und inwiefern sind diese geeignet, ein gemeinsames Ethos der Europäer zu begründen und auszubilden?

3.4 Die Werteordnung der Europäischen Union und das Ethos der Europäer

Doch um was für ein Ethos handelt es sich, wenn wir von einem Europäischen Ethos sprechen? Allgemein versteht man unter einem „Ethos“ das Gesamtmuster der in einer Gruppe, Institution, Gesellschaft etc. vorhandenen, tatsächlich akzeptierten und von Alters her bewährten Verhaltensweisen, Handlungsmuster und Haltungen, die das soziale Handeln bestimmen. Den Kern eines Ethos bilden gemeinsam geteilte Wertorientierungen, an die man sich gleichsam „gewöhnt“ hat. Für soziale Systeme hat der Bezug auf ein gemeinsam geteiltes Ethos eine fünffache Bedeutung:

  • eine normative Funktion für das Verhalten ihrer Mitglieder,
  • eine konstitutive Funktion für die Bildung einer eigenen kulturellen Identität,
  • eine integrative, gemeinschaftsstiftend-soziative Funktion,
  • eine motivational-emotionale Funktion
  • und eine geschichtsbezügliche Kontinuitätsfunktion.

Mit Blick auf ihre Genese müssen jedoch zwei Ethos-Varianten unterschieden werden: Ein „gewachenes“ Ethos bildet sich gleichsam unabsichtlich im Rücken der Akteure als ein Habitus heraus, der von Tradition, Brauch, Sitte, Kultur und Gewöhnung bestimmt ist. Emotionsbasierte, identitätsstiftende, historisch etablierte Werte liegen einem solchen gewachsenen Ethos zugrunde und konstituieren eine Art Ethos-„Gemeinschaft“. In diesem Sinne könnte man dann auch von einem „Ethos des Christlichen Abendlandes“ sprechen.

Rechtlich verfasste Gesellschaften dagegen werden in ihren Handlungsvollzügen durch vereinbarte Normen und Gesetze geleitet, die in ihrer Summe das „institutionalisierte“ Ethos einer Rechtsgemeinschaft ausmachen. Sie lenken das eigene Handeln und Denken (noch) nicht von selbst, sondern müssen gegebenenfalls auch durch Zwangsbewehrung durchgesetzt werden.

Mit Blick auf das Ethos des politischen Projekts EU wird man sagen müssen: seiner Genese nach ist dessen Ethos noch ein institutionalisiertes. Die Erfahrung freilich lehrt, dass beide Ethos-Varianten dazu tendieren, im Laufe der Geschichte eine Symbiose einzugehen, um sich – ein realistisches Erfordernis unter den Bedingungen der conditio humana zumal – wechselseitig zu stützen. Das Recht, aber auch seine konkreten Normen und Institutionen bilden sich am gewachsenen Ethos heraus, indem sie dessen gelebte Normen rechtlich institutionalisieren und in einem nachvollziehbaren System ordnen. Das institutionalisierte Ethos wiederum wird in einem Prozess der Gewöhnung Teil des gelebten Ethos. Nur ein politisches Gebilde, dem es in seinem konkreten Handeln gelingt, diese Dialektik zwischen zwei Ethos-Varianten aufrechtzuerhalten, kann sich auf Dauer stabil entwickeln. Das institutionalisierte Ethos der EU-Verträge wird sich daher, so die Hoffnung, zu einem gewachsenen Ethos wandeln, wenn es nicht nur auf einem abstrakten, an großen menschenrechtlichen Idealen orientiertem Konstrukt aufbaut, sondern sich auch in seiner Umsetzung tatsächlich als zuträglich erweist, die realen Lebensverhältnisse der Europäer so gestalten zu können, dass ein friedfertiges, prosperierendes wie insgesamt sozial gerechtes Zusammenleben der Staaten und Völker Europas Wirklichkeit geworden ist. Die EU muss in ihren Wertedeklarationen daher auch die konkreten Voraussetzungen in den Blick nehmen, unter denen das reale Zusammenleben der Europäer gestaltet wird. Auch diese haben ihre eigene, geschichtlich-reale Werthaftigkeit. So würde etwa der Wert der Freiheit ein hohles Versprechen bleiben, wenn er auf Ebene der EU nicht durch den konkretisierten Wert der Freizügigkeit des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr im europäischen Binnenmarkt ergänzt würde.

Die vielfach beklagte Unübersichtlichkeit der Vielzahl und der Heterogenität der deklarierten Werte der EU löst sich auf, wenn man sie in unterschiedliche Werteklassen einteilt. Mit ihnen lassen sich zudem gelingende Ethos-Form analytisch beschreiben, die immer durch das harmonische Verhältnis dreier Werttypen gekennzeichnet sind:

  • Es braucht erstens höchste Zielwerte, die eine Antwort auf die Frage geben: „Was wollen wir im letzten gemeinsam erreichen?“. Im EU-Wertekatalog, der freilich auf viele Dokumente verstreut ist, werden ausgehend vom Ethos der Menschenrechte genannt: Wahrung der Würde des Menschen und der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit, Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Solidarität, Subsidiarität, Achtung der Vielfalt der Völker und Kulturen, der Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedsstaaten und der Organisationen ihrer staatlichen Gewalt sowie soziale Gerechtigkeit.
  • Es braucht zweitens institutionelle Werte, wie sie in Normen, Institutionen, Standards oder Regelsystemen gegeben sind. Sie geben eine Antwort auf die Frage: „Durch welche Formen der sozialen Interaktion sollen die höchsten Zielwerte realisiert werden?“ Die Dokumente nennen hierbei das Projekt einer Europäischen Union selbst als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, die Unionsbürgerschaft, die Strukturen einer nachhaltigen und ausgewogenen Entwicklung, Freizügigkeit, die Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlich-technologischen Entwicklungen, Achtung des Privat- und Familienlebens.
  • Habituelle Werte wie Tugenden und Haltungen sind drittens die Antwort auf die Frage: „Welche Verhaltensweisen von Individuen und Kollektiven sind nötig, um sowohl an den gemeinsamen Zielwerten festzuhalten als auch die entsprechenden Strukturen hervorzubringen und zu bewahren?“ Als solche Haltungen, die für europäische Politik, Beamte und Bürger gleichermaßen wichtig sind, sind etwa Solidarität, Subsidiarität, Rechtstreue, Toleranz und Bereitschaft zum Kompromiss.

4. Zusammenfassung: Europa als Europäische Union – eine Heterotopie der Menschenrechte

Aufgrund der bisherigen Überlegungen ließe sich das Narrativ der Europäischen Union als einer „Wertegemeinschaft“ folgendermaßen erzählen. Die Europäische Union als „Wertegemeinschaft“ ist nicht die Realisationsform der sinnstiftenden religiös-kulturellen Idee von Europa. Sie kann sich angesichts der Unglücksgeschichte Europas, der Pluralitätsbedingungen und Ambivalenzen der Moderne und der vielfältigen kulturellen und religiösen Prägungen der Europäer nicht mehr bloß als „Retrotopia“ eines vermeintlich Goldenen europäischen Zeitalters, wie es der Idee eines „Christlichen Abendlandes“ zugrundelag, begreifen, zumal dessen geschichtlich gewordenes Ethos offensichtlich nicht geeignet war, für die Schicksalsgemeinschaft der Europäer eine friedliche Zukunft in Freiheit, Wohlstand und Sicherheit zu gewährleisten. Damit freilich eine glücklichere Zukunft keine bloße Utopie bleibt, haben sich die Völker Europas daher auf den Weg gemacht, ihre Zukunft primär am Ethos der Menschenrechte und an darauf beziehbaren gemeinsam vereinbarten Werten zu orientieren und alle Normen und Institutionen gemeinsamen Handelns daran auszurichten. Motiviert durch die Erfahrung gemeinsam erlittener Katastrophen, dem weiterhin bestehenden Misstrauen gegenüber einander sowie gleichzeitig der Einsicht, dass sie auch zukünftig schicksalhaft in einem gemeinsamen Boot sitzen werden, haben sie sich durch Verträge und vertraglich abgesicherte politische, wirtschaftliche und soziale Verflechtungen, deren Vorteile allen zugute kommen und für alle evident sind, gleichsam wie in einer Galeere auf Gedeih und Verderb so eng aneinander gekettet, dass auch ihr zukünftiges Schicksal nicht von der Brüchigkeit wechselseitigen Wohlwollens, sondern von der gemeinsamen Furcht vor dem Untergang aller abhängig bleiben soll.

Das Europa des politischen Projekts Europäische Union ist daher eine Ethos-Gemeinschaft sui generis, nämlich nicht „ex positivo“, sondern „ex negativo“. Als Wertegemeinschaft kann sie eine Not-, eine Zweck-, eine Interessens-, eine Wirtschafts- und eine Rechtsgemeinschaft gleichermaßen sein, solange sich Europa nur als – einen Ausdruck Michel Foucaults aufgreifend – als eine „Heterotopie“ der Menschenrechte versteht, nämlich als einen realen Ort, an dem versucht wird, den Gedanken der Menschenrechte unter historisch-kulturellen Bedingungen und vor allem unter Bedingungen der „conditio humana“ in allem politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellem Handeln Wirklichkeit werden zu lassen. Die mit Nachdruck betriebene Arbeit an diesem europäischen Projekt, das wie alles Politische nicht frei  von Verwerfungen und Rückschlägen ist, macht Europa nicht nur vom Rest der Welt unterscheidbar, im Beweis der realen Zuträglichkeit seiner Werteordnung könnte auch die historische Mission Europas liegen.

Das religiöse und kulturelle Erbe Europas bleibt zwar in den Dokumenten als Wert sui generis nicht unerwähnt. Es wird allerdings nicht zur Grundlage des institutionalisierten Projekts einer Europäischen Union gemacht. Denn der Ertrag dieses Erbes ist zweispältig: das Projekt eines friedlich vereinten Europas wäre ohne das „Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes“ weder ex negativo notwendig gewesen, noch wäre es wahrscheinlich „als Heterotopie der Menschenrechte“ überhaupt möglich geworden, wenn es nicht doch gleichsam „ex positivo“ an einen Wertehorizont und ein Werteverständnis anknüpfen hätte können, das typisch ist für den europäischen Raum ist, der wesentlich und über viele Jahrhunderte hinweg durch das westliche Christentum geprägt worden ist. Für die Verdeutlichung dieser wichtigen historischen Prägung braucht es nicht nur historische, sondern auch theologische und philosophische Expertise. Die unhistorische, bloß romantische Idee Europas als eines „Christlichen Abendlandes“ ist dafür wenig hilfreich. Denn wer – wie gesagt – vom „Christlichem Abendland“ spricht, signalisiert, dass er kein Freund der Neuzeit, der Aufklärung, der Moderne, der Demokratie, ja der persönlichen Gewissensfreiheit wie der politischen Freiheit überhaupt und der Menschenrechte sowieso nicht ist. Kurzum: Wer sich auf das “Christliche Abendland” beruft, negiert in der Regel alle Werte, die das realpolitische Projekt Europas als einer Wertegemeinschaft zusammenhalten. Wir sollten daher auf den Begriff ganz verzichten, zumal er sich in vielerlei Hinsicht auch für ganz unchristliche Zwecke missbraucht lässt. Nicht nur deswegen, sondern auch wegen seiner historisch mangelnden wie kulturell verfehlten Plausibilität ist für den bekannten Münchner Historiker Michael Wolfssohn die Rede von einem “Christlichen Abendlandes”  – wenngleich auch sehr scharf formuliert – nichts weiter als „geistiger Müll“.

————————–

[1] Alle Europäischen Vertragsdokumente lassen sich – auch in deutscher Übersetzung – auf der Homepage der Europäischen Union unter https://europa.eu/european-union/law/treaties_de leicht einsehen.

[2] So der Titel der „Pariser Erklärung: „Ein Europa, wo(ran) wir glauben können“, die 2018 von einer Gruppe prominenter europäischer Denker veröffentlicht wurde. Im Netz unter https://thetrueeurope.eu/die-pariser-erklarung/.

[3] Aus der zahlreichen Literatur zur Geschichte des Europa-Gedankens sei exemplarisch genannt: W. Schmale: Geschichte Europas, Wien 2001 sowie J. Mittag: Kleine Geschichte der Europäischen Union, Münster 2008.

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