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Bei den ethischen Rechtspflichten geht es nach I. Kant darum, was wir unseren Mitmenschen auf Grund ihrer Rechte schulden. Denn auf Grund der universellen Anerkennung des menschlichen Status der Person ergeben sich Pflichten gegenüber jedem Menschen, weil er Person und als solche mit Würde ausgezeichnet ist. Wichtig dabei ist, dass die Rechtspflichten als solche nur unser äußeres Verhalten gegenüber anderen normieren. Sie lassen die Frage der Motivation gänzlich offen, so dass es unerheblich ist, warum jemand ihnen entspricht, seien dies moralische, religiöse oder andere Beweggründe wie Furcht vor Strafe oder sonstigen Nachteilen. Wichtig ist nur, dass ihnen im äußeren Verhalten entsprochen wird. Denn ihre Verbindlichkeit ist strikt, d. h. die Pflicht lässt sich vollkommen bestimmen, denn sie gibt genau an, was zu unterlassen ist, nämlich anderen nicht zu schaden, sie nicht zu ermorden, zu verletzten, zu betrügen, zu bestehlen, zu belügen oder zu beleidigen. Und was von besonderer Bedeutung ist: Den Rechtspflichten kommt grundsätzlich und ausnahmslos der Vorrang vor den Tugendpflichten zu wie auch den negativen Unterlassungspflichten der Vorrang vor den positiven Handlungspflichten gilt, denn wir sollten zuerst das tun, was wir einander unbedingt schulden, bevor wir darüber hinaus Gutes tun.[1]

Doch was schulden wir einander im Sinne der Rechtspflichten unbedingt bzw. welche Rechtspflichten folgen aus dem Gedanken der inhärenten Würde des Menschen für den Umgang der Menschen untereinander – unabhängig von moralischen, religiösen, kulturellen oder weltanschaulichen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren, unter denen Personen als raum-zeitliche Wesen immer stehen?

Bei der Beantwortung dieser Frage ist es wiederum von grundsätzlicher Bedeutung, dass der Anwendungsbe­reich, der sich unmittel­bar aus der Personwürde als Grundnorm für jeden ergibt, eng gehalten werden muss. Jede Aus­weitung, mag sie in noch so guter Absicht geschehen, würde durch die mit ihr ver­bundene inhaltliche Interpre­tation gerade das einschränken, was dem Prinzip seine unverwechselbare Funktion gibt, nämlich Geltungs­grund diesseits des Streits der Interpretationen zu sein. Nicht ohne Grund ist deshalb der In­halt al­ler ober­sten Moralprinzipien wie etwa der der Goldenen Regel, des aristotelischen Vernunft­prinzips oder des Kategorischen Imperativs Kants nichts anderes als die in ihnen festgehal­tene Grenze. Das oberste Moralprinzip stellt nicht die Quelle aller ande­ren Normen dar, son­dern hält deren Verbindlichkeitsgrund fest. Was ihm schlechthin uni­versal und unab­dingbar zu entnehmen ist, sind daher weniger Ge­bote als Verbote, die ihrem Wesen nach als negative Unterlassungspflichten kategorischer und prinzipieller Natur sind.[2] Den Kern des Gedankens der Menschenwürde eng zu halten heißt mithin, den Schutz der Würde auf jenes Minimum zu beschränken, das als unaufhebbare Bedingung der Möglichkeit des sittlichen Subjektseins gelten kann und aus dem sich das Recht ableitet, überhaupt Rechte zu haben. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Menschenwürde liegt folglich immer dann vor, wenn der Mensch einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Sub­jektqualität als sittliches Wesen prin­zipiell in Frage stellt. Diese solchermaßen zugeschnittenen Verbote beziehen sich zum einen auf den Schutz der Ansprüche, die direkt aus dem sittlichen Subjektsein resultieren, zum anderen auf den Schutz auch der naturalen Vorgaben des Personseins, ohne welche die Ausübung sittlicher Subjektivität gar nicht möglich wäre.

Auf das Prinzip der Ach­tung vor der individuellen Menschen­würde bezogen ist dem Menschenwürdegedanke das Verbot zu entnehmen, den Menschen – um Kants For­mulierung zu benutzen – „niemals bloß als Mit­tel“ (GMS AA IV, 429) für fremde Zwecke zu gebrauchen.[3] Dies ist aber immer dann der Fall, wenn die innere wie äußere Freiheit sowie der aus der sittlichen Autonomie resultierende Anspruch auf freie Willensausübung – mithin auch die Verantwortlichkeit – durch den Einfluss anderer Individuen unmöglich gemacht oder so eingeschränkt wird, dass die Person nicht mehr Herr ihres Wollens und Handelns ist, mithin dem Zwang oder der Willkür durch andere ausgesetzt ist. Kant kennt daher nur ein einziges angeborenes, naturrechtlich geltendes Gesetz, auf das alle Menschen in gleicher Weise Anspruch haben: „Freiheit (Unabhängigkeit von eines Anderen nötigender Willkür), sofern sie mit jedes Anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehende Recht.“ (MS AA VI, 237).

Da die Person nicht anders existiert als in Form eines lebendigen menschlichen Individuums und dieses Individuum vor allem auch durch eine ursprüngliche Einheit von Leib und Ich ausgezeichnet ist, fallen, so ist als erstes festzustellen, der Schutz der Integrität von Leib und Leben und der Schutz der Würde des Subjekts zusammen.[4] Dem menschlichen Leben kommt Schutz­würdigkeit in dem Maß zu, als es Bedingung der Möglichkeit des Subjektseins ist und sich als der un­beliebige, obzwar entwurfsoffene Rahmen für die Entfaltung der Person er­weist. Dabei ist nicht das or­ganische Leben in Be­zug auf den Menschen als das höchste zu respektierende Gut zu be­trachten, son­dern die Identität und Integrität der Person. Denn das Leben ist zwar ein fundamentales, aber nicht das höchste Gut. Das generelle Tötungsverbot wie das Verbot der Verletzung der körperlichen Integrität durch andere sind die erste und wichtigste normative Konsequenz aus dieser Überlegung.[5]

Weitere normative Konsequenzen ergeben sich nicht unmittelbar aus dem Subjektsein selbst, sondern aus der Natur des Lebewe­sens, das Träger dieses Subjektseins ist, mithin aus der Würde in Bezug auf die Gattungsnatur. Denn geht man aber davon aus, dass dem Menschen Würde deshalb zukommt, weil er sittlich handelndes Subjekt ist, dann müssen durch die Würdezuschreibung auch die Bedingungen geschützt werden, ohne die der Mensch nicht wollen und handeln kann. Da das Subjektsein unlöslich in einer bestimmten organischen Natur gründet, muss sich der Achtungsanspruch auch auf das Dispositionsfeld dieser Natur beziehen, und zwar in dem Maß, in dem es um Potentiale geht, die sich für den Voll­zug und die Entfaltung des personalen Subjekts als unabdingbar erweisen. Auch die Normen, die sich aus der Würde der Gattungs­natur ergeben, haben dabei allgemeinen und eher negativen Charakter.

Zusätzliche normative Konsequenzen ergeben sich dabei aus einer minimalanthropologischen Auslegung dessen, was als zur Gattungsnatur gehörig betrachtet wird. Die Gattungsnatur und die sie kennzeichnenden basalen Bedürfnisse, Strebungen etc. beziehen ihre Dignität dabei nicht aus einer abstraktem Reflexion über die Natur des Menschen (etwa im Sinne eines starken Essentialismus), sondern erhalten ihre Dignität aus der Würde, die der Person als sittlichem Subjekt eignet. Der Schutz der naturalen Vorgaben des Personseins folgt – so könnte man sagen – dem Prinzip der Personnähe, das sich folgendermaßen formulieren ließe: Je fundamentaler und unabdingbarer sich bestimmte zu dieser Natur gehörige Antriebsstrukturen für Vollzug und Entfaltung der Person erweisen, um so mehr nimmt die Möglichkeit ihrer Realisie­rung an dem Schutz teil, der der Würde der Person gilt.

Was aber gehört zu den Elementen dieser Gattungsnatur, die den naturalen Entfaltungsraum des Personseins konditioniert? Welche Bedeutung der mensch­lichen Natur für die Ausweisung der Bedingungen der Möglichkeit des Gelin­gens der Person, grundlegender: ihres sittlichen Subjektseins zukommt, zeigen moderne Ansätze, die allesamt eine enge Rückbindung der Ethik an die Ergebnisse anthropologischer Befunde intendieren: So versucht John Finnis (1988) die menschlichen Grundgüter (basic goods) aus der Zielstruktur des Strebens zu bestimmen. Martha C. Nussbaum (1993) unternimmt es, die Merkmale gemeinsamen Menschsseins („features of common humanity“) bzw. „menschliche Grundfähigkeiten“ („basic human capabilities“) zu bestimmen und Grunddimensionen des Menschlichen überhaupt herauszuarbeiten. Ähnlich versucht Th. Rentsch (1990) im Sinne einer „transzendental-anthropologischen Konstitutionsanalyse“ unverzichtbare Grundbedingungen des Menschseins festzuhalten. Ähnliche Versuche unternehmen E. Tugendhat (1992 u. 1993), J. Habermas (1991) und L. Siep (1997 u. 1999) u. a. Was hier jeweils sichtbar wird, sind Merkmale des Menschlichen, die allen örtlichen Traditionen zugrunde liegen und zum Menschlichen gehören, unabhängig davon, ob sie tatsächlich in allen örtlichen Traditionen beobachtet werden. Sie sind als konstituierende Bedingungen menschlichen Lebens aus den menschlichen Grunderfahrungen ‚objektiv’ erhebbar und an der Frage ausweisbar, was den Menschen als Menschen auszeichnet – oder negativ gefasst – ob ein Wesen, dem ein solches Merkmal fehlt, noch als menschlich angesehen werden kann. Solche Grundbestimmungen des Menschen werden dabei nicht aus einer apriori vorliegenden Natur des Menschen erschlossen, sondern über Plausibilitätsüberlegungen erhoben, die von empirisch-deskriptive empirisch Komponenten ausgehen.

In diesen Kontext lassen sich auch Otfried Höffes Überlegungen zu einer „Partialanthropologie“ (O. Höffe 1991, 18ff.) integrieren. Nach Höffe stellen die Men­schenrechte, die die Integrität von Leib und Leben und den Schutz von Ehe und Familie betreffen, die fundamentale, vitale Basis der Menschenwürde sicher. Sie schützen nicht die „Erfüllungs­be­dingungen” des Menschseins – denn deren Bestimmung wäre abhängig von der Gestalt der Erfüllung, der sie dienen soll; und über diese Gestalt sind die Menschen der verschiedenen Zeiten und Kulturen bekanntlich verschiedener Meinung. Sie bilden noch kein vollständiges ethisches Programm und sind auch nicht als Formel für gelungenes Menschsein zu betrachten, zumal sie dann erst recht in die Kontroverse um die Konkretionen gelungenen Menschseins verwickelt und damit gleichsam zu bloßen Handlungsanweisungen und konkreten, mithin immer auch situativ bedingten Normen depotenziert würden. Durch die Menschenrechte sollen daher nicht die „Vollendungsgestalten“, sondern vielmehr die „Anfangsbedingungen” (ebd. 24) des Menschseins geschützt werden, ohne die überhaupt kein auf das Ziel des gelungenen Lebens gerichtetes Handeln möglich ist. Die Menschenrechte sind daher keine hinreichenden, wohl aber notwendige Bedingungen dafür, dass jede Person eine Vollendungsgestalt des Menschseins überhaupt avisieren kann.

Doch was gehört, ohne eine essentialistische, das Wesen des Menschen bestimmende Anthropologie bemühen zu müssen, zu diesen schützenswerten „Anfangsbedingungen“ des Menschsein. Folgt man Otfried Höffe, dann gehört zu einer solchen, die „Anfangsbedingungen“ des Menschseins umreißenden Partialanthropologie die Tatsache, dass der Mensch erstens eine (leibliches) Lebewesen, zweitens ein mit Sprache und Vernunft begabtes Wesen und drittens ein Wesen der Kooperation ist. Diese dreifache Natur äußert sich in Interessen, „die man weder zugunsten höherer Interessen abwägen, noch gegen gleichrangige Interessen abwägen kann“ (ebd. 33) und die Höffe deshalb „transzendentale Interessen“ nennt. Aus den anthropologischen Vorgaben werden Ansprüche, weil die dazu gehörigen Interessen eine Gegenseitigkeit implizieren: Der Anspruch auf Schutz der eigenen Interessen – wie etwa der Anspruch auf Schutz der Integrität von Leib und Leben – kann erhoben werden, weil er mit der Bereitschaft verbunden ist, die gleichen Interessen aller anderen zu respektieren. Es ist die „Moral der Tauschgerechtigkeit“, die nach Höffe dazu führt, dass der Mensch in der für ihn charakteristischen Situation konfligierender Interessen die Interessen anderer respektiert und dass Menschenrechten Menschenpflichten gegenüberstehen.

[1] Mit Kant haben die klassische Naturrechtsethik der aristotelisch‑thomanischen Tradition wie auch die Vernunftmoral der philosophischen Aufklärung immer an dieser Einsicht festgehalten.

[2] Dass sich aus der Achtung vor der Würde als Grundnorm des Menschenrechtsgedankens weniger Gebote als universale und unabdingbare Verbote, mithin negative Unterlassungspflichten als vollkommene Pflichten ableiten lassen, darauf hat bereits Leonard Nelson hingewiesen (vgl. L. Nelson 1970, 720; schon Kant MS AA VI, 464). Dies ist auch der Haupteinwand, der gegen die Ergänzung der Menschenrechte durch einen Katalog von Menschenpflichten spricht, wie dies immer wieder gefordert wird. Denn solche Menschenpflichten nehmen einen Perspektivwechsel vor von den Rechtspflichten als negativen Unterlassungspflichten zu den unvollkommenen Tugendpflichten als positiven Begehungspflichten. Sie können daher bestenfalls den Charakter eines moralischen Appells an das moralische Verhalten des Einzelnen haben und sind jeder äußerlich-rechtlichen Kontrolle entzogen.

[3] Die Rechtspflichten ergeben sich wie auch die Tugendpflichten aus dem einen Kategorischen Imperativ: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ (GMS AA IV, 429) Als Tugendimperativ fordert der Kategorische Imperativ, die Menschheit in der eigenen Person und in der eines jeden andern immer zugleich als Zweck an sich selbst anzuerkennen und danach zu handeln (positive Begehungspflicht). Als Rechtsimperativ fordert der Kategorische Imperativ dagegen nur, keinen Menschen bloß als Mittel zu gebrauchen (negative Unterlassungspflicht). Zur Auslegung der normativen Konsequenzen der Zweck-an-sich-Formel siehe W. Wolbert 1987.

[4] An der Schutzwürdigkeit der menschlichen Natur lassen sich dabei ein synchroner und ein diachroner Aspekt unterscheiden: denn die menschliche Natur partizipiert zum einen an der sittlichen Würde der Person, insofern sie als Entfaltungsrahmen der Person verstanden werden muss (synchroner Aspekt: Person und Leib). Zum anderen muss die Schutzwürdigkeit der Person ebenso auf den Vorgang ihrer leiblich-geistigen Individuation ausgedehnt werden (diachroner Aspekt: Identität, Geschichtlichkeit und Individuation der Person).

[5] Man könnte – wie P. Singer, H. Kuhse und N. Hoerster dies tun (siehe oben, Kap. 1) – meinen, dass Sondersituationen, in denen Ausnahmen vom generellen Tötungsverbot zugelassen werden (Krieg, Notwehr), ein Beleg dafür sind, dass die dem generellen Tötungsverbot zugrunde liegenden evaluativen Grundaussagen, die ‚Unantastbarkeit’ der Menschenwürde und der Anspruch auf ‚Unverletzlichkeit’ des Lebens, ihre Geltung überhaupt einbüßen. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der durch das Menschenwürdeargumente garantierte Lebensschutz sich vorrangig auf das Faktum des physischen (und nicht auf das des moralischen) Lebens beziehen würde. In der gesamten ethischen (inklusive der moraltheologischen) Tradition steht aber außer Zweifel, dass das generelle Tötungsverbot kein absolutes Verbot ist, d. h. es wird nicht jedes Töten in jeder Situation bedingungslos verboten. So werden seit jeher bestimmte Ausnahmen von seiner generellen Geltung gerechtfertigt. In der Tradition galt dies insbesondere im Fall der Todesstrafe, der Selbstverteidigung, der Selbsttötung und bei der Tötung eines Unschuldigen für den tragischen Fall, dass das Leben zweier Menschen in Konkurrenz zueinander steht, ohne dass einer am anderen schuldig wäre. Eine ähnliche Problematik stellt die freiwillige Selbstaufopferung eines Menschen im Dienste eines als vorrangig erkannten Wertes dar, wie dies aus der christlichen Tradition im Fall des Märtyrertodes bekannt ist. Diese ‚Ausnahmen’ stellen jedoch die generelle Geltung des Tötungsverbots nicht in Abrede. Denn zum einen nehmen die unterschiedlichen Antworten auf die Frage der Zulässigkeit solcher Ausnahmen am generellen Tötungsverbot Maß und bedürfen daher einer eigenen Rechtfertigung; zum anderen ist das Leben des Menschen für unsere menschliche Gemeinschaft zwar als das fundamentalste der Güter anerkannt, das allen anderen Werten zugrunde liegt; aber es ist als konkrete leibliche Existenz jedes einzelnen der Güter höchstes nicht. Es stellt in dieser konkreten Form nicht einen Wert dar, der erwiesenermaßen nie mit einem anderen wichtigeren und darum vorzugswürdigeren Wert konkurrieren könnte. ‚Ausnahmen’ vom generellen Tötungsverbot sind daher nur erlaubt, wenn z. B. jemand um eines ranghöheren Gutes willen sein eigenes Leben preisgibt bzw. das Leben eines anderen deshalb beschädigt oder auslöscht, um das eigene oder das der ihm Anvertrauten zu verteidigen. Auch stellt die Tradition dem Leben des einzelnen, der sich an der Rechtsgemeinschaft schuldig gemacht hat, das Gemeinwohl gegenüber und rechtfertigt damit die Todesstrafe. Auch die Selbstverteidigung intendiert nicht die Tötung, sondern die Kampfunfähigkeit des Gegners. Da im Kriegsfall jedoch die Unterscheidung zwischen Kampfunfähigkeit und Tod zu einer reinen Fiktion wird, gibt hier nur der Verweis auf das höhere Gut eine plausible Klärung. Insgesamt gesehen wäre es daher falsch, die aufgezeigten Sondersituationen als unausgewiesene und mit der evaluativen Grundaussage in Widerspruch stehende ‚Ausnahmen’ aufzufassen, die vom generellen Tötungsverbot nicht erfasst werden bzw. dieses gleichsam ‚de facto’ einschränken.

 

 

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